Bei einer Untätigkeitsklage handelt es sich um eine Unterart der Verpflichtungsklage, welche sich auf insgesamt drei Verfahrensordnungen im öffentlichen Recht beziehen: Verwaltungsrecht, Sozialrecht sowie Finanzrecht. Während sich die Verpflichtungsklage auf Antragsbearbeitungen beziehen, zielt die Untätigkeitsklage auf die Beendigung von Verwaltungsakten zur Fallentscheidung.
Mit dem Erheben einer Untätigkeitsklage können Antragsteller oder Personen im Antrags-, Einspruchs- sowie Widerspruchsverfahren von ihrem Recht einer Bearbeitung in angemessener Zeit Gebrauch machen. Jeder in Deutschland lebende Bürger besitzt ein Anrecht darauf, innerhalb bestimmter Fristen einen Entscheid über Anträge, Einsprüche oder Widersprüche zu erhalten. Kommt die betroffene Institution dem in Deutschland geltenden Recht nicht nach, wird diese durch eine Untätigkeitsklage gerichtlich aufgefordert, die Angelegenheit bis zu einem erneut festgesetzten Termin zu erledigen.
Frist überzogen: Klage wegen Untätigkeit?
Was bringt eine Untätigkeitsklage?
Mit der Einlegung einer Untätigkeitsklage können Bürger in Deutschland gegen den verzögernden Verwaltungsakt einer Behörde vorgehen. Die Bearbeitung ihrer Angelegenheit wird so wieder aufgenommen bzw. beschleunigt, sodass eine Entscheidung zu einer bestimmten Frist feststeht. Betroffene können eine Untätigkeitsbeschwerde gegenüber Institutionen im Verwaltungs-, Finanz- sowie Sozialwesen erheben.
Geht es um den Bezug von sozialen Geldern wie Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld, führt eine lange Bearbeitung oftmals zu schweren finanziellen und existenziellen Problemen für den Antragsteller. Durch eine Untätigkeitsklage wird die Institution angewiesen, auf Anträge, Ein- und Widersprüche zu reagieren und Bescheide zu erlassen. Das Ziel ist es, Grund und Ursache für die Untätigkeitsklage erledigt zu wissen, sodass Bürger die Möglichkeit erhalten, gegebenenfalls weitere rechtliche Schritte einzuleiten oder sich zügig der gegebenen Situation zu stellen.
Beispiel: Legt ein Hartz IV-Bezieher Einspruch gegen eine Kürzung des Regelbedarfs ein ist dringend auf die Regulierung angewiesen, darf er durch eine Untätigkeitsklage eine verbindliche Entscheidung herbeiführen lassen.
Rechtliche Grundlagen einer Beschwerde wegen Untätigkeit
Wann ist eine Untätigkeitsklage rechtmäßig oder unzulässig?
Ob eine Klage wegen Untätigkeit rechtens ist, hängt von folgenden Faktoren ab:
Zulässigkeit | Unzulässigkeit |
Einhaltung der Fristen | Klageeinreichung vor Ablauf der Mindestfrist |
Bei unbegründeten Verzögerungen wie bspw. Mitarbeiterunterbesetzung | Bei begründeter Verzögerung, wenn zum Beispiel weitere Unterlagen für den Bearbeitungsabschluss fehlen |
Wenn die Klage beim zuständigen Gericht eingereicht wurde | Klageeinreichung bei nicht zuständigem Gerichtsort |
Ab welchem Zeitpunkt darf eine Untätigkeitsklage eingereicht werden?
Generell liegt eine Bearbeitungsfrist für Antragsverfahren nach § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG bei sechs Monaten, in denen Institutionen Bescheide zu erstellen haben. Die Frist beginnt an dem Tag, wenn alle notwendigen Dokumente, Formulare, Nachweise und gegebenenfalls Gutachten der Institution vorliegen. Nach Ablauf der sechs Monate ist eine Untätigkeitsklage einzureichen.
Ausnahmen bilden unter anderem Bescheide für einen Widerspruch. Dazu zählt zum Beispiel das Statusfeststellungsverfahren. Hier liegt die Frist bis zur zulässigen Einlegung einer Klage bei drei Monaten.
In besonderen Situationen ist es möglich, vor Ablauf von drei Monaten per Gerichtsbeschluss eine Entscheidung zu erwirken. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Behörde bewusst Sozialleistungen verweigert beziehungsweise die Auszahlung hinauszögert und damit die finanzielle Existenz des betroffenen Bürgers gefährdet. Welche Frist greift, wird individuell vom Gericht entschieden.
Wann sollte eine Untätigkeitsklage lieber nicht durchgeführt werden?
Empfehlenswert ist es prinzipiell, eine Untätigkeitsklage erst in die Wege zu leiten, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind.
Sind die Chancen für einen positiven Bescheids gering, ist es ratsam, von einer Unabhängigkeitsklage abzusehen. Vielfach liegt es im Ermessen des Sachbearbeiters der Behörde oder des Instituts, wie bei der Einlegung einer Klage verfahren wird. Durch eine Untätigkeitsklage und den resultierenden Druck auf die Verantwortlichen kann eine negative Stimmung entstehen, welche sich negativ auf den Ausgang der Entscheidung auswirkt. Nicht selten bewegt eine Untätigkeitsklage die verantwortlichen Sachbearbeiter zu einer weniger großzügigen Beurteilung. Im Zweifelsfall wird nicht Zugunsten des Klägers zu entschieden.
Möglichkeiten der Untätigkeitsklage
Gegen wen kann eine Untätigkeitsklage erhoben werden?
Am verbreitetsten sind Untätigkeitsklagen gegen staatlich geregelte Institutionen. Dazu zählen zum Beispiel:
- Ämter wie unter anderem das Sozial- oder Ordnungsamt
- Behörden wie die Rentenanstalt
- Deutsche Gerichte
- Jobcenter – Agentur für Arbeit
- Bundesbehörden wie beispielsweise das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Auch außerhalb staatlicher Institutionen besitzen Bürger das Recht auf Erledigung von Diensten, welche dem öffentlichen Recht angehören. Untätigkeitsklagen sind gegen Firmen zulässig, die ihrer Erledigungspflicht nicht nachkommen. Dies betrifft vor allem Unternehmen wie beispielsweise:
- Stromanbieter
- Telekommunikationsunternehmen
- Öffentlicher Personennahverkehr
- Autohersteller
Sollen Untätigkeitsklagen gegen Firmen erhoben werden, haben diese bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Sie müssen für die Allgemeinheit tätig sein, ihre Leistungen und Dienste der Öffentlichkeit dienen und einen öffentlichen Zweck erfüllen.
Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage
Bestehen für eine Untätigkeitsklage Voraussetzungen?
- Im Vordergrund der Voraussetzungen steht die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage.
- Ein Einspruchsverfahren darf noch nicht abgeschlossen beziehungsweise ein Bescheid noch nicht ausgestellt worden sein.
- Vorläufige Bescheide fallen nicht in diese Kategorie und erlauben die Untätigkeitsklage zur Erstellung des endgültigen Bescheids.
- Das Unternehmen muss in Deutschland tätig und dort ordnungsgemäß als dieses angemeldet/registriert sein.
- Der Kläger verfügt über die deutsche Staatsbürgerschaft oder über einen legalen Aufenthaltsstatus. Dies gilt ebenso für einen Duldungserlass.
Ablauf einer Untätigkeitsklage
Wie läuft eine Klage wegen Untätigkeit ab?
Wird eine Untätigkeitsklage beim zuständigen Gericht eingereicht, wird sie vorab auf Zulässigkeit geprüft. Entsprechende Nachweise und das bisherige Verfahren sind mit Datumsangaben der Untätigkeitsklage hinzuzufügen. Es ist wichtig, dass alle Unterlagen vollständig zusammen eingereicht werden. Diese entscheiden maßgeblich darüber, ob die Klage bei Gericht zugelassen wird. Vor der Einreichung der Klage ist es deshalb empfehlenswert, alle Dokumente/Nachweise auf Vollständigkeit zu überprüfen.
Es ist sicherzustellen, dass der Behörde oder der Firma für den Erlass von Bescheiden beziehungsweise Beendigungen von Verwaltungsakten alle notwendigen Unterlagen vorliegen. Ist dies nicht der Fall, liegt die Schuld der Verzögerung beim Kläger und die Klage wird abgewiesen. Die Kosten hat der Kläger zu tragen. Zusätzlich ist zu beachten, dass die Gerichtsbarkeit in der Regel der Ort ist, in dem die Institution oder die Firma ansässig ist.
Der Kläger wird vom Gericht informiert, wenn die Untätigkeitsklage unzulässig ist. Bei Zulässigkeit wird sie einem Richter bei Gericht vorgelegt. Dieser setzt gegebenenfalls einen Anhörungstermin beider Parteien an. In der Folge wird der betroffenen Institution eine erneute Frist durch das Gericht erteilt, bis zu welcher ein definitiver Erlass oder eine Regulierung erfolgen muss. Dieser richterliche Beschluss wird Kläger und Beklagten zugestellt.
Es ist darauf zu achten, dass die Untätigkeitsklage beim zuständigen Gericht eingereicht wird. Prinzipiell wird alles über das Verwaltungsgericht abgewickelt. Lediglich sozialrechtliche Angelegenheiten sind am Sozialgericht und Untätigkeiten in Steuerangelegenheit beim Finanzgericht einzureichen.
Wie lange es dauert, bis der richterliche Beschluss erfolgt, hängt von der Bearbeitungsmenge ab. In der Regel beträgt die Dauer nicht länger als sechs Wochen. In Ausnahmefällen verzögert sich das Klageverfahren um ein bis vier Monate.
Kosten einer Untätigkeitsklage
Wie teuer ist eine Klage wegen Untätigkeit?
Die Kosten einer Untätigkeitsklage muss der Beklagte übernehmen, wenn der Richter die Rechtmäßigkeit der Klage bestimmt. Ebenfalls hat der Beklagte außergerichtliche Kosten zu übernehmen, die dem Kläger durch die lange Verzögerung eines Erlasses entstanden sind.
Wird die Klage allerdings abgewiesen, hat der Kläger die Kosten zu übernehmen. Gleiches gilt, wenn der Kläger vor Urteilsspruch die Klage zurückzieht.
Alternativen zur Untätigkeitsklage
Was sind die Möglichkeit abseits einer Klage?
Geht es um finanzielle Angelegenheiten, können ein bis vier Monate Warten auf die Entscheidung einer Untätigkeitsklage eine lange Zeit sein. In derartigen Fällen ist von einer Eilbedürftigkeit zu sprechen. Die Untätigkeitsklage hilft nicht weiter, denn das Klageverfahren nimmt eine Mindestdauer in Anspruch.
Als Alternative zeigt sich zum Beispiel die einstweilige Verfügung. Bei finanziellen Angelegenheiten ist die beklagte Institution per Gerichtsbeschluss dazu zu bringen, unverzüglich vorläufige Zahlungen zu veranlassen. Droht dem Kläger der Verlust eines Rechtsanspruches aufgrund langer Wartezeiten bis zum Erlass von Beschlüssen, ist eine einstweilige Verfügung für die Ausstellung vorläufiger Bescheide möglich. Dies wird allerdings nur in Einzelfällen als Ausnahme entschieden.
Die Versagungsklage wäre eine weitere Alternative. Sie funktioniert ähnlich wie die Untätigkeitsklage. Allerdings kommt diese nur zum Einsatz, wenn ein abgelehnter Bescheid erfolgte. In der Regel setzt die Versagungsklage ein Vorverfahren in Form des Widerspruches voraus. Ziel einer Versagungsklage ist es, durch das zuständige Gericht die Sachlage neu bewerten zu lassen und im Idealfall den abgelehnten Beschluss aufzuheben.
Die Versagungsklage ist ebenfalls eine Unterform der Verpflichtungsklage und hat innerhalb von einem Monat nach Zustellung des Ablehnungsbescheids eingereicht zu werden.