Wer als Sparer Geld anlegen möchte, hat es zunehmend schwerer, überhaupt noch eine lukrative und zugleich sichere Anlage zu finden. Bisher galten für konservative Anleger immer noch Staatsanleihen als sicher und einigermaßen rentabel. Betrachtet man jedoch die Entwicklung in diesem Jahr, ergibt sich ein alarmierendes Bild.
Die Umlaufrendite deutscher Staatsanleihen zeigte eine durchgehend negative Tendenz und sank in der Zeit von Januar 2014 bis heute um 70% von 1,65% auf 0,51%. Glaubt man den Prognosen vieler Finanzexperten, steht uns infolge der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) demnächst ein weiterer Abfall der Umlaufrendite auf unter 0,5% bevor.
Die Umlaufrendite als Indikator des Zinsniveaus
Der Begriff Umlaufrendite ist häufig zu hören und niedrige Umlaufrendite gilt besonders für Sparer als schlechtes Zeichen. Doch was sagt dieser Begriff aus der Finanzwelt überhaupt aus?
Die Umlaufrendite, die auch als Sekundärmarktrendite bezeichnet wird, ist ein Maß für die Rendite der Wertpapiere mit erstklassiger Bonität, also Wertpapieren, die ein geringes bis gar kein Anlagerisiko mit sich bringen. Zu den bekanntesten Papieren dieser Art zählen festverzinsliche Anleihen in Form von Staatsanleihen. Hier garantiert der Staat eine feste Verzinsung, die unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung immer gezahlt wird. Neben Staatsanleihen bieten auch einige andere Anlageformen, wie zum Beispiel Pfandbriefe als Bankschuldverschreibungen oder Unternehmensanleihen mit fester Renditezusage, dieselbe Gewähr.
Die Umlaufrendite ist der Durchschnittswert aus den Renditen aller Wertpapiere dieser Kategorie und gilt als maßgeblicher Indikator für das Zinsniveau. So sind die Lebensversicherer gezwungen, sich bei der Berechnung ihrer Garantiezinssätze an der Umlaufrendite zu orientieren und auch die meisten anderen Zinssätze wie die für Tagesgeldkonten, Riester-Renten, Baukredite, alle hängen direkt oder indirekt vom Satz der Umlaufrendite ab.
Geringe Umlaufrendite und Negativzinsen bei Staatsanleihen
Der eingangs erwähnte Rückgang der Umlaufrendite um 70% ist an sich schon alarmierend. Bedenkt man jedoch, dass es sich dabei lediglich um einen Durchschnittswert handelt, wird schnell klar, dass einige Werte noch deutlich schlechter abschneiden müssen.
Dies ist auch der Fall, denn vor allem deutsche Staatsanleihen mit kürzerer Laufzeit bis zu vier Jahren werden aktuell sogar negativ verzinst. Dies bedeutet, dass der Staat, wenn er einen Kredit über vier Jahre aufnimmt, sogar weniger zurückzahlen muss, als er eigentlich aufgenommen hat. Selbst Anleihen mit längerer Laufzeit kosten den deutschen Staat aktuell nur 0,6% Zinsen.
Im Vergleich mit zehnjährigen japanischen oder Schweizer Staatsanleihen, die eine durchschnittliche Rendite von 0,35% bzw. 0,26% bringen, scheinen deutsche Sparer zwar aktuell noch besser da zu stehen, jedoch sind sie die gegenwärtigen Verlierer der EZB-Finanzpolitik.
70 Milliarden Euro kostet die EZB-Politik den deutschen Sparer
Wie das Finanzmagazin „Bilanz“ unter Berufung auf den Präsidenten des Münchner Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, berichtete, kostet die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank die deutschen Sparer rund 70 Milliarden Euro jährlich. Die Europäische Zentralbank kämpfe mit extrem niedrigen Zinsen gegen den Preisverfall und die schwache Konjunktur in Europa. Bis jetzt waren die Mittel der Wahl eine Absenkung des Leitzinses. Vor einem Jahr hatte die EZB den Leitzins auf 0,25%, im Juni dieses Jahres auf 0,15% und im September noch einmal auf 0,05% gesenkt. Nun scheint der nächste Schritt bevorzustehen.
Experten sind sich nahezu einig, dass die EZB Anfang des Jahres 2015 dazu übergehen dürfte, Staatsanleihen aufzukaufen. Dies dürfte dazu führen, dass die Renditen noch weiter sinken und Sparen völlig unattraktiv wird – was ein erklärtes Ziel der EZB ist.
Wenn Sparen für die Menschen unattraktiv wird, werden sie ebenso wie Unternehmen, ihr Geld ausgeben und so die Wirtschaft ankurbeln. Firmen werden wieder investieren. Alfred Roelli, Chef-Anlagestratege beim Schweizer Vermögensverwalter Pictet, brachte es auf den Punkt: „Die Notenbank will die Menschen mit ihrer Politik zu Handlungsweisen zwingen, die sie sonst in einer Rezession nicht an den Tag legen würden, so das Kalkül“.
Andere Experten wiederum sehen gegenwärtig die Talsohle fast erreicht und hoffen für das kommende Jahr bereits eine leichte Erholung der Zinsen. Auch Alfred Roelli macht ein wenig Mut, denn auch nach seiner Meinung sei der Tiefpunkt fast erreicht. Sollten demnächst positive Signale aus der Wirtschaft kommen, könne es durchaus zu Verkäufen von Staatsanleihen kommen. Dies könne sogar zu einer ähnlich steilen Kurve bei der Umlaufrendite kommen – allerdings mit umgekehrten Vorzeichen.
Doch zunächst steht die nächste EZB-Tagung am 22.01.2015 an, auf der eine Entscheidung für den Aufkauf von Staatsanleihen durch die Notenbank erwartet wird.